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Regionalpolitikwoche in Europa: Strukturfonds, Stadtpolitik, Migration, internationaler Handel

Gemeinsame Sitzung der Regionalpolitikausschüsse des EO und des AdR

Über einen Mangel an regionalpolitisch spannenden Themen konnte sich in dieser Woche in Brüssel niemand beklagen, auch wenn die Hauptnachrichten ausreichend über andere Themen zu berichten hatten.

Die "13. Open Days - Europäische Woche der der Regionen und Städte" brachte um die 6000 Teilnehmer aus 177 Regionen und Städten aus 30 Ländern zusammen, um sich über Nutzen und Verbesserungsvorschläge für die Europäische Regionalpolitik auszutauschen. Teil dieser Großveranstaltung war traditionell eine gemeinsame Sitzung der Regionalpolitik-Ausschüsse von Europaparlament (EP) und Ausschuss der Regionen (AdR), REGI und COTER. Europaabgeordnete ebenso wie die Vertreter der lokalen und regionalen Gebietskörperschaften verwiesen darauf, dass die EU- Struktur- und Investitionsfonds (ESIF) wichtige, in manchen EU-Mitgliedstaaten fast die einzigen, Instrumente öffentlicher Investitionen in wirtschaftliche und soziale Entwicklung sind. Wohnen, Transport, Energie und Umwelt, Stadt- und Landschaftsplanung, Chancen und Herausforderungen durch Digitalisierung und Migrationsbewegungen sind nur einige der betreffenden Bereiche. Je größer die Rolle dieser Mittel für solidarischen Ausgleich, desto bedeutender werden Fragen der Vereinfachung bei deren Anwendung, der Partnerschaft und Synergien zwischen Institutionen und Gebietskörperschaften auf unterschiedlichen Politikebenen, der Bereitstellung und effektiven Nutzung von Ressourcen, die immerhin über 30% der EU-Haushalts ausmachen.

 Im Rahmen der gemeinsamen Beratung beschlossen die Mitglieder von COTER und REGI unter anderem die Initiative für einen "Pakt von Amsterdam" als follow-up zu Stellungnahmen des EP und des AdR für eine "Europäische Stadtagenda". Auch die kommende niederländische Ratspräsidentschaft hat sich den Schwerpunkt "städtische Dimension der EU-Politiken" in ihr Programm für das 1. Halbjahr 2016 geschrieben. Die GUE/NGL-Mitglieder des REGI begrüßten die angekündigte Kooperation, und besonders der Berliner Europaabgeordnete Martina Michels ist der städtische Blickwinkel auf die EU-Politik vertraut und wichtig. Gleichwohl betonten die Mitglieder der Linksfraktion im Europaparlament, dass bessere EU-Politik gegenüber den Städten und städtischen Gebieten keinesfalls zulasten der ländlichen Räume oder gar des Ziels territorialer Kohäsion insgesamt führen dürfe. Im Gegenteil, diese Dimensionen müssten stets zusammen gedacht und gestaltet werden (Link PE).

EU-Fonds können auch deshalb kaum jemals ausreichen, weil sie oft Fehlentwicklungen auffangen müssen, die Folge anderer Politiken der EU und ihrer Mitgliedstaaten sind. Während Länder wie die Türkei und das Kosovo zu "sicheren Herkunftsstaaten" erklärt werden, verordnete Sparpolitik gerade auch Kommunen und Regionen vor große Schwierigkeiten bei der Unterstützung von Flüchtlingen stellt, hat das Europaparlament in dieser Woche einen Nachtragshaushalt für 401,3 Mio € für Unterstützung von humanitärer Hilfe für Flüchtlinge und Migranten beschlossen. Unterstützt werden damit unter anderem Maßnahmen zur Verteilung von Flüchtlingen, die in der EU ankommen sowie das UN Flüchtlingshilfswerk, das Welternährungsprogramm und der EU Fonds für Afrika innerhalb des EU-Entwicklungsfonds, aber auch für diejenigen EU-Agenturen, die mit der Umsetzung der EU-Flüchtlings- und Asylpolitik betraut sind. Die GUE/NGL-Fraktion stimmte dem Kommissionsvorschlag für den Nachtragshaushalt zu, forderte jedoch auch von den Solidarität und insgesamt eine langfristige Lösung für humanitäre Notlagen und Fluchtursachen.

Bereits vor Kurzem hatte das Europaparlament kurzfristigen Erleichterungen für Griechenland bei der Nutzung von Strukturfondsmitteln zugestimmt (wir berichteten). Das Dauerbrennerthema Vereinfachung und Bürokratieabbau bei den EU-Strukturfonds spielte natürlich im Rahmen der "Open Days" eine prominente Rolle und der REGI-Ausschuss führte in dieser Woche dazu eine Anhörung durch, in der durchaus bedenkenswerte Vorschläge aufgeworfen wurden. Dabei geht es einerseits um die Notwendigkeit der Verbesserung praktischer Handhabbarkeit der Maßnahmen der Kohäsionspolitik. Zugleich muss aber selbstverständlich abgesichert werden, das die Fördermittel auch dort ankommen, wo sie benötigt werden und Betrug vermieden wird. Dafür sehen die Strukturfondsverordnungen eine Reihe von vorsorglichen wie rückwirkenden Kontrollvorschriften vor. Wenn nun aber einige einerseits "Bürokratieabbau" als Schlagwort vor sich hertragen und dieselben Leute gleichzeitig ausgerechnet für Griechenland, das sowieso schon unter besonderer Beobachtung verschiedener internationaler Institutionen steht, besondere Kontrollmaßnahmen fordern, scheint die politische Intention doch etwas fraglich. Zumal wie gesagt die Strukturfondsverordnungen Kontrollmaßnahmen auf regionaler wie europäischer Ebene durchaus sehr konkret vorschreiben. Die GUE/NGL-Abgeordneten sprachen sich entsprechend auch gegen gesonderte Kontrollmaßnahmen gegenüber Griechenland aus, die als Ausdruck unbegründeten Misstrauens gewertet werden müssten (Link PE).

Um regionale und lokale Auswirkungen von Europapolitik sorgt sich auch die Stellungnahme  (s. TOP 12) des REGI-Ausschusses zu den Verhandlungen über das Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (TiSA), deren Entwurf in dieser Woche vorgestellt wurde. Klare Forderungen sind, öffentliche Dienstleistungen aus dem Liberalisierungskatalog des Handelsabkommens auszunehmen und die (Re-)Regulierungsmöglichkeiten der gewählten regionalen und lokalen Gebietskörperschaften nicht auszuhebeln. Der Entwurf der Stellungnahme aus regionalpolitischem Blickwinkel wird in den kommenden Wochen vom Ausschuss noch weiter diskutiert und dann an den federführenden Ausschuss für internationalen Handel übersandt werden, bevor das Plenum des EP Anfang 2016 darüber befinden wird.

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