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TTIP - was 800 Millionen Menschen nicht wissen

Fragen und Antworten zum geplanten Freihandelsabkommen der EU mit den USA

Frage: Das derzeit verhandelte TTIP betrifft über 800 Millionen Menschen - nämlich die Verbraucherinnen und Verbraucher in den EU-Mitgliedstaaten und in den USA. Wieso erfährt die Öffentlichkeit so wenig über das Abkommen und welche Aufgabe haben die Europaabgeordneten?

 

Helmut Scholz: Die Transparenz zu solchen wichtigen, weitreichenden Verhandlungen über einen künftigen transatlantischen Wirtschaftsraum reicht bei weitem nicht; geht es doch weniger um (Frei)Handel, als um das Setzen gemeinsamer Standards für die hier beiderseits des Atlantiks betroffenen Unternehmen in Industrie, Landwirtschaft, Dienstleistungssektor, Finanzregulierung und damit de facto auch weit darüber hinaus für Dritt-Länder.  

Es gibt durchaus einen Fortschritt bei der Einbeziehung des Europäischen Parlaments, allerdings sind wir durch die Einstufung der Verhandlungen zur EU-US TTIP ( Transatlantic Trade and Partnership) als "Geheim" auch nur bedingt ganz konkret informiert. Und leider fehlen uns Kenntnisse über die Verhandlungs-input- Positionspapiere der USA-Verhandlungsseite. Damit ist schwer auszumachen, was wie und konkret in Verhandlungsrunden verhandelt und erreicht wird. Darüber hinaus ist dringend zu verändern, dass es bisher v.a. Unternehmen und ihren Wirtschafts-Verbänden direkter und genauer möglich ist, ihre "Interessen" den Verhandlungsteams zu übergeben; andere Akteure aber lediglich im Nachgang zu den ersten 2 Verhandlungsrunden allgemein informiert wurden. Auch im Vergleich zum Europaparlament. Wir wollen hier Klarheit.

Auf unsere Forderung hin hat die Kommission jetzt gegenüber dem Europaparlament zugesagt, diese Fragen bei der im Aufbau befindlichen Einrichtung eines Advisory Boards bei der Kommission zu berücksichtigen. Also hoffentlich werden zivilgesellschaftliche Organisationen, Verbraucherschutzorganisationen, thematische NRO und Gewerkschaften nicht nur umfassender informiert sondern in diesem Board auch mit vertreten sein und damit ihre Sichten auf die Verhandlungen und die Erwartungen vieler Menschen in dem Gremium einbringen können.

Frage: Was sind Investitionsschutzabkommen/internationale Schiedsgerichte?

Helmut Scholz: Im TTIP-Abkommen soll  das so genannte Investor-Staat-Streitbeilegungsverfahren (ISDS) im entsprechenden Investitions-Kapitel vereinbart werden. Insbesondere die USA haben hier ein großes Interesse, diese Art des Investorenschutzes vertraglich bindend festzuschreiben. Investoren sollen danach an den normalen Gerichten vorbei mittels gesonderter, privater Schiedsgerichte vertraglich fixierten Investitionsschutz verbindlich einklagen können. Dies ermöglicht es dann privaten Investoren künftig, ggf. ihre Interessen gegen staatliche Rechtsetzung, gesetzliche Regelungen oder regionale Interessen durchzusetzen und erhebliche Schadenszahlungen zu fordern. So kann eine dreiköpfige Kammer außerhalb der normalen Gerichtsbarkeit und unter Aufsicht von Weltbank und UNO  Staaten zu Entschädigungszahlungen verpflichten, wenn die Maßnahmen einer Regierung z. B in der Arbeitsgesetzgebung, bei Gesundheits- oder Finanz- oder Umwelt-Politik Investorenrechte beeinträchtigt oder die erwarteten künftigen Profite eines Unternehmens verringert.

Die Regierungen der EU-Mitgliedstaaten, die den Rat der EU bilden, teilen dieses Unterfangen. Im Rat wurde diese Position einstimmig in das Verhandlungsmandat aufgenommen. Und auch eine Mehrheit im Europäischen Parlament, wie in vielen Parlamenten der EU-Mitgliedstaaten, darunter im Bundestag, teilt bisher diese Auffassung. Damit aber drohen Rechte von Unternehmen künftig über die Souveränität von Staaten und das Interesse von Bürgerinnen und Bürgern sowie demokratische Entscheidungen von Parlamenten oder Gebietskörperschaften gestellt zu werden. Relativ unbemerkt von der Öffentlichkeit ist  geblieben, dass bereits im CETA Abkommen, also dem Freihandelsabkommen der EU mit Kanada, genau diese ISDS Investorenschutzform bereits aufgenommen ist.

Das Europäische Parlament wird sich dazu noch verhalten (müssen). Die europäische Linksfraktion bezieht diesbezüglich, wie bei den TTIP Verhandlungen, klar Position und meint: Mit uns ist ein ISDS nicht zu machen.

 

 

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