Menü X
  • Sabine Lösing

Neuer Flyer: NATO: Aufmarsch gegen Russland

Der Weg in den Neuen Kalten Krieg

Vom Zeitpunkt ihrer Gründung 1949 stand die Auseinandersetzung mit der Sowjetunion im Zentrum der NATO, die anfangs 12 Mitglieder hatte. Nach dem „Sieg“ im Kalten Krieg nahmen zwar Auslandsinterventionen wie in Jugoslawien oder Afghanistan an Bedeutung zu, weiterhin bestand aber das Ziel, Russland einzudämmen.

„Russland stellt eine existenzielle Bedrohung für die Vereinigten Staaten dar und für die Nato als Ganzes.“ (Philipp Breedlove, von 2013 bis Mai 2016 NATO-Oberbefehlshaber in Europa)

Diesem Ziel diente unter anderem der völkerrechtswidrige NATO-Angriffskrieg gegen Jugoslawien im Jahr 1999, mit dem das Militärbündnis unterstrich, dass es sich nicht an ein Mandat des UN-Sicherheitsrates und damit ein Vetorecht Russlands gebunden sah.

Auch die Ankündigung einer NATO-Raketenabwehr sorgte in Russland für große Besorgnis. Es war aber vor allem die Erweiterungspolitik des Bündnisses, die Moskau buchstäblich auf die Barrikaden trieb. Denn im Gegenzug zur Zustimmung der Sowjetunion zum NATO-Verbleib des wiedervereinigten Deutschlands wurde das mündliche Versprechen gegeben, das Bündnisgebiet nicht weiter nach Osten auszudehnen. Insofern musste und wird die darauf folgende Politik als klarer Bruch des damaligen Versprechens gewertet.

„Die Entscheidung der USA und ihrer Verbündeten, die NATO nach Osten auszudehnen, wurde im Jahr 1993 gefällt. Ich habe dies von Anfang an als einen großen Fehler bezeichnet. Es war definitiv eine Verletzung des Geistes der Stellung-nahmen und Versicherungen, die uns gegenüber 1990 gemacht wurden.“ (Michail Gorbatschow, bis Dezember 1991 Staatspräsident der Sowjetunion)

„Readiness Action Plan“: NATO-Rüstungsoffensive

Die westlich-russischen Beziehungen erreichten bereits 2008 einen ersten negativen Höhepunkt, als Russland den westlich unterstützten georgischen Angriff auf die abtrünnige Provinz Süd-Ossetien militärisch zurückschlug. Auf den vom Westen maßgeblich unterstützten Putsch gegen den pro-russischen ukrainischen Machthaber Janukowitsch reagierte Moskau mit der Unterstützung separatistischer Kräfte in der Ostukraine und der völkerrechtswidrigen Aufnahme der Krim im März 2014. Dies beantwortete die NATO mit einer großangelegten Offensive, die mit dem „Readiness Action Plan“ (RAP) vom September 2014 einen festen Rahmen erhielt. 

Der RAP sieht u.a. die Erhöhung der Schnellen Eingreiftruppe von 13.000 auf zunächst 30.000, dann 40.000 Soldaten und die Schaffung einer „Ultraschnellen Eingreiftruppe“ mit 20.000 Soldaten (Bodenkomponente: 5.000) vor, die in kürzester Zeit verlegbar sein soll. Das primär vorgesehene Einsatzgebiet ergibt sich aus acht „NATO Force Integration Units“, die alle in Osteuropa liegen. Schauplätze des Neuen Kalten Krieges sind vor allem noch die Atompolitik 
(z.B. Raketenabwehr und Modernisierung der in Europa 
lagernden US-Atomwaffen) und auch der Cyberraum, in dem die NATO seit einiger Zeit intensiv tätig wird. Ein weiterer Aspekt, der Anlass zu großer Sorge gibt, ist die massive Ausweitung der westlichen (und russischen) Manövertätigkeit. Die NATO-Manöver wurden z.B. 2014 auf 162 verdoppelt  und stiegen 2016 mit 240 nochmal dramatisch an. Dabei kommt es häufig zu Beinahe-Zusammenstößen zwischen westlichen und russischen Truppen, die ein gefährliches Eskalationsrisiko bergen. 

Permanente Truppenpräsenz im Osten / Ausgaben

Obwohl die Stationierung „substantieller Kampftruppen“ in Osteuropa durch die NATO-Russland-Akte von 1997 verboten ist, werden 2017 vier NATO-Bataillone (je 1.000 Soldaten) nach Litauen, Estland , Lettland  und nach Polen verlegt, unter deutscher, englischer, kanadischer und US-amerikanischer Führung. Um den Anschein einer Einhaltung der NATO-Russland-Akte zu wahren, sollen diese Truppen „rotieren“. Aber so, dass faktisch eine permanente NATO-Präsenz an der Ostflanke gewährleistet ist. Außerhalb des NATO-Rahmens sind es vor allem die USA, die mit der im Juni 2014 verkündeten „European Reassurance Initiative“ die Aufrüstung der Ostflanke vorantreiben. Ihre Mittel wurden im Budgetantrag für 2017 mit 3,4 Mrd. Dollar gegenüber dem Vorjahr (789 Mio.) massiv aufgestockt. In diesem Zusammenhang begannen die USA 2017 mit der – vor allem über Deutschland laufenden – Verlegung von zusätzlich etwa 4.000 Soldaten nach Osteuropa.

Gleichzeitig wird nicht zuletzt unter Verweis auf eine Bedrohung durch Russland massiv Druck auf eine drastische Erhöhung der NATO-Rüstungsausgaben gemacht. Beim Gipfel in Warschau im Juli 2016 verständigten sich alle NATO-Staaten darauf, baldmöglichst 2% des Bruttoinlandsprodukts für das Militär auszugeben – im Falle Deutschlands würde dies eine Erhöhung von etwa 37 Mrd. Euro im Jahr 2017 auf über 60 Mrd. Euro bedeuten. Insgesamt müssten die NATO-Ausgaben um knapp 100 Mrd. Euro jährlich steigen. Während die NATO-Ausgaben 2016 erstmals seit Jahren wieder anstiegen und nahezu jedes Mitgliedsland weitere Erhöhungen angekündigt hat, sinkt Russlands Militäretat nach Angaben der Militärexperten von Jane’s Defense 2017 um 12 Prozent.

Militärausgaben 2016 (in Mrd. Dollar)
NATO: 918,3
Russland: 66,4

(Quellen: NATO/Sipri (Russland für 2015)

Die Wahl Donald Trumps zum neuen US-Präsidenten verleiht den NATO-Rüstungsbemühungen zusätzlichen Rückenwind. So kündigte Trump nicht nur eine deutliche Steigerung des US-Rüstungshaushalts an, sondern er übt auch massiv Druck auf die EU-Verbündeten aus, ihrerseits deutlich größere Anstrengungen in diesem Bereich zu unternehmen. Diese wiederum greifen die US-Steilvorlage willig auf, um gegenüber ihren skeptischen Bevölkerungen den Anstieg der Militärhauhalte als „Sachzwang“ zu verkaufen.

Generell ist trotz der russlandfreundlicheren Töne Trumps kein grundlegender Kurswechsel zu erwarten. So wird etwa der neue US-Verteidigungsminister James Mattis mit den Worten zitiert: „Wir müssen uns dem Vorgehen Russlands entgegenstellen, wenn es Bereiche gibt, in denen wir nicht zusammenarbeiten können. Und wir müssen uns verteidigen, wenn Russland beschließt, gegen unsere Interessen zu handeln.“

Die Rolle EUropas und Deutschlands

Die Europäische Union spielt ebenfalls eine wichtige Rolle im Rahmen der anti-russischen Politik des Westens. So zielt ihre „Nachbarschaftspolitik“  seit Jahren darauf ab, mittels sog. Assoziationsabkommen Länder zwischen der EU und Russland dauerhaft unter westlichen Einfluss zu bringen. Einen spezifischen EU-Beitrag im Neuen Kalten Krieg stellen vor allem auch die 2014 verhängten Sanktionen gegen Russland dar, die das Land gezielt schwächen sollen. Ausgebaut werden soll zudem die NATO-EU-Zusammenarbeit: eigens für diesen Zweck wurde auf dem NATO-Gipfel in Warschau im Juli 2016 ein Dokument verabschiedet, mit dem in diesem Bereich künftig große „Fortschritte“ erzielt werden sollen.

Deutschland spielt in diesen ganzen Bemühungen in der allerersten Reihe mit. So wurde die Ultraschnelle Eingreiftruppe unter deutscher Führung aufgebaut und die Kommandozentrale der gegen Russland gerichteten NATO-Raketenabwehr befindet sich ebenfalls in Deutschland (Ramstein). Ferner übernimmt Deutschland die Führung des in Litauen stationierten NATO-Bataillons, für das auch 500 Bundeswehr-Soldaten „beigesteuert“ werden. Und schließlich verlaufen die US- und große Teile der NATO-Truppenverlegungen nach Osteuropa über deutsches Gebiet und zwar mit Unterstützung der Logistikschule des Heeres.

„Jetzt wieder Nato-Einheiten an die polnische Grenze zu verlegen und über eine Bewaffnung der Ukraine nachzudenken ist eine Fortsetzung der diplomatischen Ideenlosigkeit mit militärischen Mitteln. Diese Mit-dem-Kopf-durch-die-Wand-Politik – und zwar immer an der Stelle, wo die Wand am dicksten ist – bringt Kopfschmerzen und sonst nicht viel. Dabei gibt es im Verhältnis Europas zu Russland in der Wand eine große Tür. Und der Schlüssel zu dieser Tür heißt Interessenausgleich. Russland ist bekanntermaßen eine Energieweltmacht und zugleich ein industrielles Entwicklungsland. Hier müsste eine Politik des Ausgleichs und der gegenseitigen Interessen ansetzen.“ (Gabor Steingart, Herausgeber des Handelsblatts)

Unsere Forderungen für ein friedliches Europa:

  • Rücknahme des Assoziierungsabkommens EU-Ukraine und Auflösung der Schnellen Eingreiftruppen der NATO.
  • Die EU muss Druck auf die Ukraine ausüben, auch direkt mit dem Widerstand in der Ostukraine zu verhandeln.
  • Sofortige Einberufung einer OSZE-Konferenz zur Befriedung der Situation an der Grenze zwischen den Mitgliedsstaaten der NATO und Russland unter Beteiligung aller Konfliktparteien des Ukraine-Konflikts.
  • Rücknahme aller militärischen Droh- und Aufrüstungsmaßnahmen auf beiden Seiten.
  • Auflösung der NATO und Schaffung eines kollektiven Sicherheitssystems unter Beteiligung Russlands.

Der Flyer kann in gedruckter Form im Europabüro Sabine Lösing in Hannover bestellt werden.

Unsere Abgeordneten

Aktuelle Link-Tipps

  • Begleitung der Umsetzung der Urheberrechtsrichtlinie
  • EU-Fördermittel
Konföderale Fraktion der Vereinten Europäischen Linken/Nordische Grüne Linke (GUE/NGL)