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- Sabine Lösing
- Helmut Scholz
- Gabi Zimmer
Zusammenhalt und Partnerschaft
Strukturfonds für Europas Regionen
»gefördert durch den Europäischen Fonds für
regionale Entwicklung (EFRE)«
Schilder mit diesem Hinweis finden sich europaweit an Baustellen für Straßen, Brücken, Gebäuden. Der Europäische Fonds für regionale Entwicklung (EFRE) gehört zur Struktur- bzw. Kohäsionspolitik, genauso wie der Europäische Sozialfonds (ESF). Die europäische Struktur- bzw. Kohäsionspolitik (Kohäsion = Zusammenhalt) ist einer der zentralen Politikbereiche der EU zur Stärkung des wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalts.
Wie wichtig dieser Politikbereich ist, zeigt sich auch an der Höhe der Mittel, die auf EU-Ebene in den Strukturfonds bereitgestellt werden: sie betragen für die sieben Jahre der aktuellen Förderperiode knapp 350 Mrd. Euro.
Das entspricht mehr als einem Drittel des gesamten EU-Haushalts. Deutschland erhält in diesem Zeitraum ca. 23 Mrd. Euro aus den Strukturfonds für die neuen Bundesländer und Berlin sind das 19 Mrd. Euro, die alten Bundesländer erhalten ca. 4,7 Mrd. Euro.
Worum geht es?
Im Rahmen der Kohäsions- und Strukturpolitik fördert der EFRE Investitionen in kleinen und mittleren Unternehmen, Forschung, Innovation, Telekommunikation, Umwelt, Energie und Transport. Der Europäische Sozialfonds ESF hingegen fördert Ausbildungen, den Zugang zum Arbeitsmarkt, Maßnahmen im Kampf gegen Diskriminierung in der Arbeitswelt und die Vernetzung von Bildungseinrichtungen.
In Deutschland legen die jeweiligen Bundesländer fest, welche Kriterien und Anforderungen die Antragsteller und Projekte erfüllen müssen, um Gelder aus den Strukturfonds zu erhalten. Jedes Bundesland verfügt über eigene Anlaufstellen, bei denen Mittel aus den Strukturfonds beantragt werden können.
Was wird gefördert?
Einige Beispiele:
Berlin: Projekt »START: Chance« Unterstützung für künftige Existenzgründer;
Brandenburg: »Technologietransfer-Netzwerk iq Brandenburg
« Akteure aus Wirtschaft und Wissenschaft werden vernetzt;
Sachsen: »ASSID All Silicon System Integration Dresden«, Technologiezentrum für Forschungsprojekte und Prototypenentwicklung;
Thüringen: »RENO Regionale Entwicklungspartnerschaft Nordthüringen« Erfahrungsaustausch zwischen Nordthüringen und Österreich zur Verknüpfung von Arbeitsmarktpolitik und anderen Politikbereichen;
Baden-Württemberg: »PHOTON« Forschung im Bereich der multidimensionalen Mikroskopie;
Niedersachsen: »Potenzial Migrantinnen« Integration in den Arbeitsmarkt, Hilfe und Beratung bei Existenzgründungen;
Nordrhein-Westfalen: »MSF-Factory in Dortmund« Technologiezentrum für Unternehmen aus dem Bereich der Mikrosystemtechnologie;
Schleswig-Holstein: »Portal nach vorn wissenschafliche Online-Weiterbildung in Schleswig-Holstein« Entwicklung und Durchführung von Online-Weiterbildungskursen;
In den letzten zwanzig Jahren haben in Deutschland vor allem die ostdeutschen Bundesländer von der Strukturfondsförderung der EU profitiert. Die Erneuerung der Infrastruktur, die Förderung von Forschung und Entwicklung, und ein Großteil der Maßnahmen zur Bekämpfung der Massenarbeitslosigkeit wären ohne diese Mittel nicht möglich gewesen.
Aber auch in den alten Bundesländern finanzieren die Strukturfonds wirtschafts-, arbeitsmarkt- und umweltpolitische Projekte. So profitieren insbesondere strukturell stark belastete Regionen, wie z. B. das Ruhrgebiet, von den Zahlungen aus den Strukturfonds (z. B. RuhrTriennale, Kulturhauptstadt 2010).
Die aktuelle Debatte
Zurzeit läuft die Debatte um die Reform der Kohäsionspolitik ab 2014. Die EU-Kommission hat im so genannten Fünften Kohäsionsbericht ihre Pläne vorgestellt: So soll in Zukunft die Strukturfondsförderung stärker an der neoliberalen EU 2020-Strategie ausgerichtet werden.
Sollten Investitionsschwerpunkte demnächst in Brüssel festgelegt werden, könnten Regionen ihre Entwicklungspläne nicht mehr selbstständig gestalten.
Auch soll die Auszahlung von Strukturfondsmitteln von bestimmten institutionellen Reformen in den Mitgliedstaaten abhängig gemacht werden können. Damit wird die Verringerung regionaler Disparitäten innerhalb der EU als ursprüngliches Ziel der EU-Strukturpolitik aufs Spiel gesetzt.
Die Auszahlung der Strukturfondsmittel soll an den Stabilitäts- und Wachstumspakt gekoppelt werden im Falle der Nichteinhaltung des Pakts könnten dann laufende oder künftige Zahlungen aus dem EU-Haushalt ausgesetzt oder gestrichen werden. Dies wäre für die wirtschaftliche und soziale Entwicklung der Regionen kontraproduktiv ohnehin finanziell und strukturell schwache Regionen würden doppelt abgestraft.
Forderungen der LINKEN
im Europäischen Parlament:
Die Kohäsionspolitik soll sich auch in Zukunft auf die bedürftigsten Regionen der EU konzentrieren, jedoch weiterhin alle Regionen mit einbeziehen. Die zukünftige Kohäsionspolitik muss den Erfordernissen des Klimaschutzes und der Energiewende gerecht werden, sie muss den ökologischen Umbau und den Ausbau der öffentlichen Daseinsvorsorge stimulieren, sie muss eine nachhaltige Wirtschaftsentwicklung, Bildung, gute Arbeit und Gleichstellung der Geschlechter fördern. Wir lehnen jeden Versuch der Renationalisierungder Kohäsionspolitik ab.
Wir setzen uns für eine Aufstockung der Mittel für die Kohäsionspolitik ein. Eine mit ausreichenden Finanzmitteln ausgestattete Kohäsionspolitik ist Voraussetzung für die Reduzierung von wirtschaftlichen und sozialen Unterschieden zwischen den Mitgliedstaaten und Regionen.
Regionen wie Ostdeutschland, die ab 2014 voraussichtlich aus der Höchstförderung herausfallen werden, brauchen eine ausreichende Übergangsförderung.
Mehr Demokratie und Teilhabe! Wirtschafts- und Sozialpartner, Vertreter der Zivilgesellschaft, NGOs und regionale und lokale Akteure müssen bei der Ausgestaltung der Strukturpolitik vor Ort, also der Operationellen Programme einbezogen werden. Hier fordern wir auch eine stärkere Einbeziehung der Landesparlamente.
Keine Verknüpfung der Kohäsionspolitik mit der EU 2020-Strategie! Regionen müssen weiterhin möglichst viel Spielraum bekommen, um ihre Entwicklungsstrategien entsprechend ihrer Bedürfnisse zu gestalten.
Der Europäische Sozialfonds ist das wichtigste arbeitsmarkt- und beschäftigungspolitische Förderinstrument der EU und muss selbstverständlich Teil der Kohäsionspolitik bleiben. Die Förderpolitik des ESF sollte den Fokus stärker auf die Förderung von »Guter Arbeit « und Armutsbekämpfung richten.
Die Bewilligung und Auszahlung von Strukturfondsmitteln darf nicht an institutionelle Reformen oder an die Einhaltung des Stabilitäts- und Wachstumspakts geknüpft werden.